Das unlängst in der Theorie gelobte Konzept des Bildungsurlaubes wurde nun einem Praxistest unterzogen und ich reiste für eine knappe Woche in die irische Hauptstadt Dublin.
Gemeinsam mit einem Freund aus Kindertagen ging es mit dem Zug nach Hamburg und von dort, natürlich standesgemäß mit Ryanair, auf die Insel. Wir sind bereits am Sonntag geflogen, damit wir pünktlich zum offiziellen Treffen unserer Reisegruppe am Montag vor Ort sind. Reisegruppe – etwas, das ich bisher noch nie hatte oder die eigentlich nur aus meiner Familie besteht. Jetzt sollte sie sich erstmalig aus 25 Leuten zusammensetzen, von denen ich lediglich einen Typen kannte.
Die erste und letzte Nacht des Trips haben wir uns also noch individuell untergebracht, während für den eigentlichen Bildungsurlaub von Montag bis Freitag vom Veranstalter je ein Zimmer im absoluten Zentrum der Stadt gebucht war.
Der erste Tag – Kennenlernen und erste Stadttour
Das erste Aufeinandertreffen erfolgte im Tagungsraum des Hotels. Der etwas trockene und Powerpoint-lastige Part zur Einführung in die irische Geschichte war glücklicherweise schnell abgehakt und die anschließende Kennenlernrunde erstaunlich lustig. Es fanden sich Leute aus allen Ecken Deutschlands ein und Bildungsreisen-Profis waren genauso wie absolute Anfänger dabei, Pärchen, Gruppen sowie Einzelreisende waren vertreten und das Alter ging von Ende 20 bis Mitte 60. Eine wirklich bunte Truppe also, die teilweise schon ein paar Tage in der Stadt oder erst direkt am Morgen angereist war.
Der erste Stadtspaziergang führte uns zur renommierten Universität Trinity College, die eine große Bibliothek beinhaltet. Im 65m langen „Long Room“ befinden sich rund 200.000 alte Schinken. Eines davon ist das Book of Kells, ein über 1.200 Jahre altes, kunstvoll verziertes Evangelienbuch. Ganz interessant: Das College verfügt über das sogenannte „Legal Deposit“-Recht, wodurch es Anspruch auf ein Exemplar von jedem Buch, das jemals in Irland veröffentlicht wurde, hat. Neben literarischen Meisterwerken findet sich dort also theoretisch auch jedes noch so banale Kochbuch.
Als unwissend outete ich mich, als wir uns abends mit der ganzen Mannschaft Richtung Tempelbar aufmachten, denn dabei handelt es sich gar nicht um einen bestimmten Laden, sondern um ein ganzes Stadtviertel, die Partymeile Dublins. Den Pub, den wir gemeinsam aufsuchten, würde ich dann auch eher als Tourinapp einstufen, aber das Essen und das Bier gingen in Ordnung.Der zweite Tag – Militärkaserne, Bier und Gefängnis
Morgendlicher Appell sollte an jedem kommenden Tag zwischen 08:30 und 09:00 Uhr sein, denn das Programm war straff durchgeplant. Die Zeit für das Frühstücksbuffet war aber stets ausreichend. Uli, unser Reiseführer, hat auch stets einen strammen Schritt vorgelegt, was noch für so manchen Unmut sorgen sollte.
Wir besichtigten als Erstes die ehemalige Militärkaserne Collins Barracks, die mittlerweile das irische Nationalmuseum beherbergt. Es ist mit knapp 325 Jahren eines der ältesten öffentlichen Gebäude der Stadt und benannt nach Michael Collins, einem der führenden Köpfe der irischen Unabhängigkeitsbewegung.
Im Anschluss ging es zum General Post Office. Das Gebäude ging als das Hauptquartier des Osteraufstandes von 1916 in die Geschichte ein und war Schauplatz des Unabhängigkeitskampfes. Es ist jedoch nicht nur ein Museum, sondern tatsächlich auch noch in Betrieb.
Nachmittags besuchten wir das Guinness Storehouse, eine sakrale Begegnungsstätte für alle Guinness-Fans. Auf sieben Etagen wird dem schwarzen Gesöff gehuldigt und es gibt einen Shop, der so ziemlich alles feilbietet, auf das man eine Harfe drucken kann. Warum man das Zeug seit gut 250 Jahren trinkt, blieb mir aber dennoch unklar. Wirklich schön ist jedoch der Ausblick über die ganze Stadt. Das Guinness-Logo mit der Harfe ist übrigens tatsächlich älter als das Wappen der Republik Irland. Als der Staat in den 1920er Jahren ein offizielles Symbol suchte, musste er die Harfe dann spiegelverkehrt darstellen, um nicht mit der Biermarke zu kollidieren.
Höhepunkt des Tages: Kilmainham Gaol. Das alte Gefängnis wurde 1796 eröffnet, ist heute ein Museum und erzählt die düstere, faszinierende Geschichte Irlands. Hier saßen nicht nur gewöhnliche Kriminelle ein, sondern auch viele der bekanntesten Freiheitskämpfer – unter anderem die Anführer des Osteraufstandes von 1916, von denen einige im Gefängnishof hingerichtet wurden. Die kargen Zellen, langen Gänge und das berühmte Panoptikum wirken ziemlich beklemmend und sind heute eine begehrte Filmkulisse: Szenen für Filme wie In the Name of the Father oder The Italian Job wurden hier gedreht.
Der dritte Tag – Kirchen und eine Zeitreise
Vormittags standen Kirchen auf dem Programm. Da wären zum einen die St. Patrick’s Cathedral und zum anderen die Christ Church.
Anschließend wurden wir durch das Haus in der Henrietta Street 14 geführt. Das Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert und war eines der prächtigsten Stadthäuser seiner Zeit. Später wurde es zu einem Mietshaus für Arbeiterfamilien und danach zu einem typischen Tenement, also einem Mehrfamilienhaus, in dem sich unterschiedliche Generationen auf engstem Raum einrichteten. In seiner Hochphase lebten auf den drei Etagen bis zu 16 Personen. Heute ist es ein mit authentischen Möbeln und persönlichen Geschichten liebevoll gestaltetes Museum und zeigt, wie das Leben in einem Dublin der Vergangenheit aussah.
Achso, durch Kirchen und Museen wurden wir meistens durch jeweils eigene Guides geleitet. Manchmal gab es auch nur Audio-Guides.
Der vierte Tag – Raus aus der Stadt
Mit dem Zug ging es ins ehemalige Fischerörtchen Howth auf der gleichnamigen Halbinsel an der Küste nördlich von Dublin: schmale Gassen, farbenfrohe Häuser, frischer Meeresduft und ein niedlicher Hafen. So stellt man sich Irland auf Postkarten vor. Howth ist berühmt für seine Fischrestaurants, Wanderwege und den atemberaubenden Blick über die Irische See. Die Halbinsel ist ein Naturschutzgebiet mit spektakulären Klippen, die im 19. Jahrhundert ein beliebter Ort für Piraten und Schmuggler waren.
Zurück in der Stadt besuchten wir das Irish Emigration Museum EPIC, das in einem der letzten erhaltenen und denkmalgeschützten Lagerhäuser der Dubliner Docklands untergebracht ist. Hier erfährt man etwas über die Gründe der 10 Millionen Menschen, die Irland verlassen, und wie sie die Welt beeinflusst haben. Es ist nicht nur eines der meistbesuchten Museen Dublins, sondern wurde sogar mehrfach international ausgezeichnet – unter anderem für sein innovatives Konzept und Design. Man merkt, dass hier viel Fördermittel geflossen sind, aber richtig gepackt hat mich das Thema Auswanderung deutlich mehr durch die Jeanie Johnston. Dabei handelt es sich um die Replik eines typischen Segelschiffes, mit dem während der großen Hungersnot ausgewandert wurde. Den Besuch kann ich wirklich empfehlen.
Der fünfte Tag – Goethe-Institut
Der letzte offizielle Programmpunkt fand im Goethe-Institut statt. Wir sprachen über Irlands Bedeutung in Europa in Hinblick auf Politik, Musik, Kunst und Bildung. Nach der Feedbackrunde machte jeder seins. In unserem Fall: Aufsuchen der letzten Unterkunft, Besorgen letzter Souvenirs und Essen beim pakistanischen All-you-can-eat-Buffet.
Am Samstag ging es mittags zurück nach Hamburg und von dort nach Hannover.
Also, ich mag Bildungsreisen und mache bestimmt mal wieder eine. Es war eine sehr interessante Woche, in der ich täglich gut 20.000 Schritte auf der Uhr hatte.
Kommentare
05.10.2025 - Rappel meint dazu:
Das klingt nach einer feinen Tour - danke fürs Mitnehmen.
05.10.2025 - Hendrik antwortet darauf:
Moin Rappel, hat auch echt Spaß gemacht. Gerne.