Bescheiden und zurückhaltend sind die ersten Adjektive, die mir zu seinem Betreten der Bühne einfallen. Ein netter älterer Herr mit Hut, der den gut 10.000 Menschen, die zum Lauschen seiner Musik in die Halle gekommen sind, fast eingeschüchtert gegenübertritt, sind die nächsten. Aber wenn dann Streicher, Schlagzeug, Synthesizer und eben der Flügel loslegen, treten eher die Worte kraftvoll und eindringlich in den Vordergrund.
Ganz manchmal wird es etwas zu viel von allem, trotz des Minimalismus überlagern sich zu viele Schichten und es ist die eine Wiederholung der repetitiven Melodie, die nicht mehr hätte sein müssen. Aber über weite Strecken schwebt man auf den kuscheligen Tönen dahin, verbinden sich Stück um Stück harmonisch miteinander und die ganze Halle entspannt sich zusehends. Ist das kitschig, wie die Kritiker Einaudis meinen? Belanglose, neoklassische Fahrstuhlmusik, wie es so manches hochnäsiges Feuilleton schreibt? Vielleicht ist es das sogar. Aber warum darf es das nicht sein? Manchmal gibt Erfolg dann doch recht.
Nur wenige Worte richtet er zwischendurch an sein Publikum. Er komme gerade aus Köln, er sei gerade in Hannover und weiter ginge es nach Süden. Nein, ein Entertainer ist er nicht, lieber träumt er schnell selber weiter und versinkt in der nächsten Melodie.
Sein noch recht aktuelles Album The Summer Portraits nimmt zeitlich den größten Teil der zweistündigen Veranstaltung ein, aber die meiste Begeisterung erzeugt der eher ruhige Mittelteil, bei dem das Orchester von der Bühne, der Spot auf den Flügel gerichtet und die Zeit für die 20 Jahre alte Hits Una Mattina und Nuvole Bianche gekommen ist. Experience - durch Social Media ganz plötzlich wieder populär geworden - macht den Abschluss. Ich frage mich, ob Einaudi diese Titel überhaupt noch spielen mag, aber ließe er sie weg, wäre das Publikum, das für den Abend durchschnittlich weit über 100 Euro ausgegeben hat, sicher maßlos enttäuscht. Und ich wäre es auch gewesen.