Möbelkauf auf Umwegen
Neue Möbel für das Wohnzimmer seien mal nötig, erfuhr ich. Einverstanden, denn in der Tat sind die bisherigen Stücke meine ersten, mittlerweile gut 20 Jahre alt und zweimal umgezogen. Ich fand mich „zwischen den Jahren“ (ich liebe diese Formulierung) also in einem Möbelhaus wieder.
Rabatte, Rabatte, Rabatte
Nun scheinen viele Leute ihrer Möbel über Weihnachten überdrüssig, denn wir waren mit der Idee und im Möbelladen nicht alleine. Hoch motiviert ob der grundsätzlichen 40 % Rabatt und zusätzlich beflügelt durch einen weiteren persönlich überreichten und nur diesen Tag gültigen 10 %-Gutschein („Ohne Wenn und Aber!“), streiften wir durch die Ausstellung und wurden sogar alsbald fündig. In Ermangelung eines Prospektes oder weiterer Informationen an den Ausstellungsstücken wandten wir uns an einen Mitarbeiter, der sich mit uns vor seine Rechenmaschine begab: Eine Kombination aus einem 3270-Terminal und einem CMS für die PDF-Verwaltung der Hersteller-Verzeichnisse.
Uns wurde unter Berücksichtigung sämtlicher Rabatte ein nicht ausdruckbares Angebot gemacht. Wir mussten uns mit einem kleinen quadratischen Notizzettel, der Handschrift des Mitarbeiters und einem Handybildschirmfoto begnügen, auf dem schematisch die von uns gewählte Variante des Ausstellungsstückes zu sehen ist.
Um letzte Zweifel auszuräumen und uns gegenseitig zu überzeugen, in das richtige Holz zu investieren, sind wir alleine erneut zu der Ausstellungsecke zurück und fanden dort ein Preisschild für die Vitrinenbeleuchtung. Ob diese in unserem Angebot berücksichtigt wurde? Wir erfuhren, dass dem nicht so sei, als wir den Herrn dann irgendwann aufstöberten. Das haben wir ihm ja nicht aufgegeben. Wir hatten es also mit einem ausgemachten Verkaufstalent zu tun.
Darf's ein bisschen mehr sein?
Rabatt hin oder her, ich lasse mich bei Beträgen einer bestimmten Höhe nicht unter Zeitdruck setzen, wollte eine Nacht darüber schlafen und zudem nochmal mit dem Zollstock durch unsere Wohnung. Wir könnten auch am Folgetag telefonisch bestellen, versicherte man uns.
Ich rief den Herrn also einen Tag später an, er war in einem Kundengespräch. Selbstverständlich würde er gleich danach zurückrufen. Das tat er zwei Stunden lang nicht, und ich meldete mich erneut. Jaja, sein Chef würde sich bei uns melden. Das tat auch er nicht. Wäre der Laden in dem Moment nicht für mich gestorben, müsste ich immer noch warten.
Kennste einen, kennste alle
Die Frau Gemahlin war so eifrig, online die gleichen Möbel (unter anderem Namen) bei einem weiteren Möbelhaus aufzustöbern. Wir fuhren dorthin, fanden irgendwann Parkplatz und Mitarbeiterin und diese die Möbel in ihrem Rechner. Auch Ihr Angebot blieb unausgedruckt, lag preislich jedoch unter dem des ersten Ladens. Wir könnten uns aber noch etwas Vergleichbares, eine Etage höher, anschauen. Erst fanden wir oben keine vergleichbaren Möbel und dann unten keine Mitarbeiterin mehr, warteten noch etwas, fuhren nach Hause und bestellten dann die Möbel über eine Website einfach selber. Ohne Rabatte. Zum gleichen Preis. Ein Hoch auf den Einzelhandel.
Kommentare
07.01.2025 - Denis meint dazu:
Sehr spannende Geschichte. Als ehemaligen Einzelhandelskaufmann kratzt mich ja immer noch das berufliche Ethos, wenn ich solche Anekdoten lese. Dann denke ich aber auch an einen Satz, den mein damaliger Chef mir damals prägend mitgab: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!“. Man kann also davon ausgehen, dass diese Händler ihren Zenit überschritten haben. Wenn man bei Service lediglich das S groß schreibt, ist das dann auch kein großer Verlust.
LG von der anderen Seite