Geschichten aus Skandinavien mag ich. Anscheinend wird’s dort ja kaum hell, das passt zur dunklen Literatur, zu Mord, Totschlag und Geheimnissen. Ich mag auch Thriller und Horror. Wenn jetzt ein Autor als „Schwedens Antwort auf Stephen King“ vermarktet wird, bin ich also ein leichtes Opfer.
Wir befinden uns in der kleinen Hafenstadt Norrtälje, an dessen Strand eines Tages ein ominöser Container gespült wird. Es dauert seine Zeit, bis man sich zum Öffnen durchringt. Das Städtchen wird danach nicht mehr das Gleiche sein.
Der Einstieg in die mit über 750 Seiten umfangreiche Geschichte hat mir gut gefallen und in der Tat ein wenig Es-Vibes vermittelt. Wir lernen eine bunte Truppe junger Leute kennen, etwas Böses, Bedrohliches kündigt sich an, Fähigkeiten stehen im Raum.
Während sich amerikanische Übersetzungen stets gut und unauffällig in meinen deutschen Lesefluss einfügen, bleiben bei skandinavischen Autoren häufig ein paar Stolpersteine. So sind auch hier die Namen von Straßen, Orten und Personen nicht ganz so flüssig zu lesen und eine kleine Hürde beim Merken und Referenzieren. Etwas, was man objektiv natürlich nicht negativ bewerten sollte, mir hier aber besonders auffiel.
Leider ist die Spannungskurve auch recht sinuslastig und über weite Strecken werden teils irrelevante Charaktere und Handlungsstränge detailliert ausgeschmückt. Würde das Ganze in einem fulminanten Ende aufgehen, könnte man darüber hinwegsehen, aber auch die Auflösung ist alles andere als spannend, ja sogar fast belanglos. Erwartet hätte ich eine apokalyptische Katastrophe oder ihre bombastische Verhinderung. Beides blieb mir verwehrt.
Absolut unverständlich ist mir, warum das Handyspiel Pokémon in dem Roman einen so großen Stellenwert hat. Ja, es soll das verbindende Element, eine Gemeinsamkeit symbolisieren. Ich fand es wirklich nervig und hätte es ersatzlos gestrichen.
Eine eher schwache Antwort auf den Meister des Übernatürlichen.
Unwesen von John Ajvide Lindqvist · 768 Seiten · dtv · 2023